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Ein Haus für Generationen

Auf eine Tasse Kaffee mit Hans Walker, Landrat des Landkreises Börde (Gespräch vom Dezember 2017)

Herr Walker, nach nur 18 Monaten Bauzeit haben Sie gemeinsam mit dem Kreistag und Gästen, dem Architekten sowie dem treuhänderischen Bauherrn, der Landesentwicklungsgesellschaft SALEG, das rote Band zur Eröffnung des neuen Landratsamtes für den Landkreis Börde in Haldensleben durchschneiden dürfen. Was war das für Sie für ein Tag?

Hans Walker: Mit der Ankunft im neuen Haus ist für mich die proklamierte Zielstellung „Einzug Mitte Oktober 2017“ in Erfüllung gegangen. Es war ein glücklicher Moment, denn eine Baufertigstellung unter einem unverrückbar festen Termin ist ja durchaus ein Glücksspiel (lacht). Aber ja, es ist uns gelungen! Für mich war beeindruckend zu sehen, wie unter Aufbietung aller Kräfte daran gearbeitet wurde. Dafür gebührt allen Beteiligten großer Dank. 

Gleichzeitig war es Zieleinlauf eines mehrjährigen Prozesses …,

Hans Walker: … und wir haben Eigentum für den Landkreis Börde geschaffen. Das ist ein Wert für eine lange Zeit, für ganze Generationen. Und so war es mir auch wichtig, bei der Eröffnung diesen Bezug herzustellen. Das Landratsamt ist ein Haus für alle: für Generationen von Mitarbeitern und für Generationen von Besuchern.

Wie war der Morgen des ersten Arbeitstages im neuen Haus?

Hans Walker: Emotional. Ich bin durch die Räume der Mitarbeiter und habe sie dazu ermuntert, mit frohem Mut Besitz vom Haus zu ergreifen, denn es galt, innerhalb kürzester Zeit zu voller Betriebsfähigkeit zu gelangen. Darin waren alle Ebenen des Hauses gleichermaßen involviert. Die spannendste Frage war die nach der IT-Funktions- und Netzwerkfähigkeit: Würde es uns gelingen, in anderthalb Tagen wieder am Netz zu sein? Sie müssen wissen: Uns war es wichtig, mit dem neuen Haus neueste Informationstechnik in die Verwaltung einziehen zu lassen, ein neues Rechenzentrum wurde dazu in Betrieb genommen. So war es, kann man auch sagen, eine „Operation am offenen Herzen“. Wir hatten vorsorglich ein „Worst-Case-Szenario“ eingeplant, aber – und das spricht für die guten Voraussetzungen im Haus und die Fähigkeiten der Mitarbeiter: Es ist nicht eingetreten.

Mit dem Neubau in Haldensleben verfolgen Sie einen Konzentrationsprozess der Verwaltung. Dazu ist der Standort in Wolmirstedt aufgegeben worden, das eigene Verwaltungsgebäude in Oschersleben soll jedoch auf unbestimmte Zeit weiter Außenstelle bleiben.

Hans Walker: Die Stadt Haldensleben ist Kreisstadt des vor zehn Jahren neu gebildeten großen Landkreises Börde. Der Wunsch nach einem neuen und vor allem eigenen Landratsamt mit Konzentration der Verwaltung an einem Ort war bereits Thema im Vorgängerkreis. Dafür war 2002 ein optimales, 22.800 Quadratmeter großes Grundstück für einen Neubau erworben, jedoch nicht mit dem Bau begonnen worden. In unserer Vorbereitung haben wir analysiert und abgewogen: Was wird ein solches Bauwerk kosten? Es gab Konsens darüber, dass wir allein für die Ertüchtigung des Standortes Wolmirstedt etliche Millionen Euro hätten aufwenden müssen. Es war auch klar, dass Standorte, in die gerade erst investiert wurde bzw. die als Solitäre gut funktionieren, zunächst verbleiben. Aber für das Gros – den Standort Hauptverwaltung Haldensleben mit dem seit Ankündigung des Eigenbedarfs vakanten Mietobjekt Gerikestraße 104 sowie den Standort Wolmirstedt – wurde eine Zentralisierung in Haldensleben und Oschersleben angestrebt, …

… die im September 2013 vom Kreistag beschlossen worden war …

Hans Walker: ... und die wir mit dem neuen Haus auf dem Grundstück des alten Elektrizitätswerkes erreicht haben. 400 unserer rund 700 Beschäftigten in der Kernverwaltung sind jetzt hier. Wir sind Dienstleister und der Dienstleistungsgedanke muss in der Verwaltung gelebt werden. Wir sind nicht für uns, sondern wir sind für die Bevölkerung da. Als Exekutive muss der Landkreis im Rahmen der Gesetze administrativ tätig werden. Das spiegelt dieses moderne Haus aufs Beste wider. Nun ist es unsere Aufgabe, die erfolgreiche Entwicklung unter den neuen Bedingungen mit einer neuen Dynamik fortzusetzen.

Welche Vorteile hat das neue Landratsamt in der Bornschen Straße für den Bürger, welche für Sie als Amt?

Hans Walker: Dass für den Einzelnen vieles an einem Ort an öffentlicher Dienstleistung vorgehalten werden kann, ist die eine Seite. Die andere: die IT. Die kommunale Selbstverwaltung geht in die Richtung des papierfreien Büros. Irgendwann wird sich das System grundsätzlich ändern. Es scheint heute noch unvorstellbar, aber es kommt. Und wir sind auf dem Weg dorthin. Die skandinavischen Behörden machen es vor, der Skandinavier sieht seine Behörde nie. Der erledigt alle seine Dinge am PC. In den nächsten zehn Jahren werden wir hier soweit sein. Dafür muss man kein Prophet sein. In Zukunft wird es darauf ankommen, hier im ländlichen Raum Entfernungen zu überwinden, ohne logistische Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Der Austausch muss über das Internet realisiert werden, die Verwaltung dazu so konzentriert und flexibel sein, wie das neue Gebäude es bereits vormacht.

Inwiefern?

Hans Walker: Jeder Raum hat dieselben technischen Voraussetzungen. Durchweg neue Endgeräte sind an das neue zentrale Rechenzentrum des Landkreises Börde angeschlossen. Alles ist miteinander vernetzt, so dass jede Kollegin, jeder Kollege unabhängig von seinem Arbeitsplatz arbeiten kann. Einfach im Netzwerk anmelden und los geht’s.

Das Haus ist nicht nur neu und mit hochmoderner Informationstechnologie ausgestattet, es ist auch aus energetischer Sicht ein Highlight: ein Hightech-Haus.

Hans Walker: Es ist ein KfW Energieeffizienzhaus 70, das hohe gesetzliche Vorgaben energiesparender Maßnahmen erfüllen muss, etwa die Dämmung rundherum oder dreifachverglaste Fenster. Zudem wurde aber eine Photovoltaikanlage mit 283 Solarmodulen auf dem Dach installiert. Und das Heizsystem verfügt über hocheffiziente Steuer- und Regeltechnik: Erst wenn das Thermometer drei Grad Außentemperatur zeigt, schaltet sich die Primärheizung dazu. Bis dahin liegen wir in einem Niedrigtemperaturbereich, sparen Energie (natürlich auch Betriebskosten) und schonen die Umwelt. Genial. Diese in die Zukunft und an das Klima gerichtete, nachhaltige Investition war ursprünglich nicht Teil unseres Plans, dafür ist erst während der Bauzeit entschieden worden. Aber durch die KfW-Förderung konnten wir einen deutlich niedrigeren Zinssatz in Anspruch nehmen. Diese fiskalische Seite hat mich besonders für dieses Projekt begeistert. Ich bin der vorherigen Legislatur – den Fraktionsvorsitzenden und den Kreistagsmitgliedern aller Fraktionen – sehr dankbar, wie stringent über das Budget diskutiert wurde und man sich schließlich einig war: So viel soll das Ganze kosten, aber eben auch nicht weniger. Es war eine Frage der Bauqualität bzw. vernünftiger Arbeitsbedingungen.

Welchen Nutzen bringt der Standort des neuen Kreisamtes der Kernstadt Haldensleben?

Hans Walker: Ich kann nicht für die Stadt sprechen, aber schon jetzt ist das Amt – keine 300 Meter vom Rathaus entfernt – für die Belebung der Innenstadt ein großer Zugewinn. Die Stadt hat die Zeichen der Zeit gut verstanden und reagiert. Die Stadtmauer ist an einer Stelle geöffnet und eine stegartige Verbindung zwischen Altstadt und Landratsamt am 15. Dezember 2017 ihrer offiziellen Bestimmung übergeben worden. Sie verkürzt den Weg aus der und zur Kernstadt. Unsere 400 Mitarbeiter sind 400 potenzielle neue Kunden für den Handel, und das Kreisamt selbst stärkt den Wirtschaftsstandort. Private und öffentliche Dienstleistungen sind nun eng beieinander.

An Ihrer Seite stand als treuhänderischer Bauherr die SALEG Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH, wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen? Was hat sie Ihnen gebracht?

Hans Walker: Wir sind eine Institution, die ihre Kräfte auf ihr Kerngeschäft der öffentlichen Verwaltung konzentrieren sollte. Diese Erkenntnis gab es in einer bestimmten Projektphase und damit den Cut: Wir brauchen jemanden, dessen Geschäft das Projektmanagement und die Baubetreuung ist und der freier in seinen Entscheidungen und seinem Handeln ist als wir. Die SALEG ist seit Jahren der Sanierungsträger der Stadt Haldensleben und wir hatten das größte zu bebauende Grundstück am Rande der als Stadtentwicklungsgebiet ausgewiesenen Altstadt. So fühlen wir uns der Entwicklung der Stadt zugehörig. Die SALEG kam zu einem entscheidenden Zeitpunkt der Entwurfsplanung als treuhänderischer Bauherr ins Spiel. Diese Konstellation war für mich die Garantie, den Termin zu halten. Zudem hat die SALEG den Charme einer teilöffentlichen Gesellschaft weit jenseits spekulativer Renditebestrebungen. Das war in der Summe ausschlaggebend für ihre Einbindung, mit der es uns gelang, innerhalb des vorgegebenen engen Zeit- und Budgetrahmens zu bleiben.

Am Ende also ein glücklicher Landrat in einem neuen Landratsamt, einem „Haus für Generationen“?

Hans Walker: Unbedingt. Das Wagnis ist geglückt. Das Ziel war, am 15. November 2017 erstmalig den Kreistag im neuen Haus stattfinden zu lassen. Das hat geklappt, und damit haben wir erfüllt, was wir an Erwartungen gestreut hatten. Und jetzt wird gearbeitet.

Vielen Dank für das Gespräch!

Projektbeteiligte (Auswahl)

Treuhänderischer Bauherr im Auftrag des Landkreises Börde
Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH SALEG, Magdeburg
Architekten
Leistungsphase 2 bis 4 Carpus+Partner AG, Aachen ab Leistungsphase 5 Kirchner + Przyborowski Architekten BDA, Magdeburg/Burg
Tragwerksplanung
A.R.T. Axel Rolfs Tragwerksplanung, Magdeburg
Haustechnik
Ingenieurbüro Hanusch, Oschersleben mit Unterstützung durch die ITG Planungs- und Energieberatungs GmbH, Magdeburg
Freianlagen
Ingenieurgesellschaft Pabsch & Partner mbH, Magdeburg
Projektsteuerer bis Leistungsphase 4 / Fachliche Projektkoordination ab Leistungshase 5
Dipl.-Ing. (FH) Marco Krüger, Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH SALEG, Magdeburg
Richtfest
14. September 2016
erste Kreistagssitzung
15. November 2017
Fotos
Viktoria Kühne
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